Halten Sie sich nicht davon ab, produktiv zu sein!
Anstehende, dringende Aufgaben chronisch so lange vor sich herzu(ver)schieben, bis diese entweder zu einem echten Problem herangewachsen oder gar nicht mehr lösbar sind (leider besonders oft auch zu beobachten, wenn es um Gesundheit geht), ist eine »Krankheit«, an der laut Statistiken ein Viertel von uns leidet. Und früher oder später leidet man garantiert: Entweder man unternimmt etwas von sich aus und rechtzeitig oder man erfährt Schmerz. Das trifft nicht nur beim Zahnarzt zu, sondern in allen beruflichen wie partnerschaftlichen Angelegenheiten. In der Zielerreichung detto. Darum: sofort und kleine Erfolgsschritte setzen!
»Prokrastination« so lautet der Fachausdruck für das chronische Aufschieben, zu dem es mittlerweile große psychologische Studien gibt. Die wohl wesentlichste davon besagt eben, dass hierzulande rund 24 % der Menschen betroffen sind. Sprich, sie tun sich unglaublich schwer, eine Arbeit zu erledigen, eine dringend anstehende Entscheidung zu treffen, einen schmerzenden Zahn behandeln zu lassen, eine seit Jahren nicht funktionierende Beziehung zu beenden usw. Der Wille und die Einsicht, dass es geschehen muss, sind ja noch da, aber in der Umsetzung hapert es komplett.
Wissenschaftler unterscheiden zwei Typen:
Erregungsaufschieber & Vermeidungsaufschieber
Erregungsaufschieber sind Menschen, die erst dann ihre volle Leistung bringen können, wenn der sprichwörtliche Hut brennt. Gerade bei Schülern ein gerne beobachtetes Phänomen: Zuerst wochenlang den Herrgott einen guten Mann sein lassen und erst in letzter Sekunde vor der Prüfung mit dem Strebern zu beginnen. Bei all jenen, die leicht lernen bzw. die einmal gelernt haben, wie man effektiv und systematisch lernt, ist das meist kein allzu großes Problem. Sie schaffen den Lernstoff noch in letzter Sekunde. Schüler, die aber noch nicht das System des effizienten Lernens für sich entdeckt haben, schieben so lange alles vor sich her bis sich – symbolisch betrachtet – so ein hoher, nicht mehr überblickbarer Berg gebildet hat, an dessen Überwindung sie mental und emotional schon im Ansatz scheitern. das Ungetüm an nicht getaner Arbeit ist schon so hoch, dass sie erst gar nicht mehr anfangen: »ist ja sowieso nicht (mehr) zu schaffen«
Vermeidungsaufschieber gehen jedem Leistungsdruck schon einmal zur Sicherheit aus dem Weg, denn sie leiden unter der Angst zu versagen. Im Leistungssport oder in der Schule werden die Vermeidungsaufschieber aufgrund der oftmaligen Leistungsüberprüfung durch Wettkämpfe oder Schularbeiten rasch enttarnt. Aber schon auf der Uni und später im Job manövrieren sie sich oft geschickt durchs Leben – Engagement und Stress vortäuschend durch alle möglichen Ausreden und sinnlosen, oder zumindest nicht zum eigentlichen Ziel führenden Tätigkeiten. In diesen Bereich fällt aber auch jeder von uns, der sich den halben Vormittag mit der Beantwortung irgendwelcher unwichtiger E-Mail beschäftigt und sich auch gerne von jedem neuen Mail ablenken lässt, um das eine wichtige, dringend anstehende, vermutlich aber negative Telefonat zu erledigen. Oder vielleicht ist das Telefonat per se auch gar nicht negativ. Aber aus Angst vor Ablehnung oder Zurückweisung im anstehenden Verkaufstelefonat sucht man sich alles Mögliche und Unmögliche, was man noch vorher erledigen könnte, um das eigentliche Highlight des Tages aufzuschieben.
Chronische Aufschieber sind laut einer Studie der medizinischen Uni Mainz häufiger Single, häufiger arbeitslos und verfügen im Durchschnitt über ein geringeres Einkommen. Körperlich leiden sie öfters unter (selbstgemachten) Stress, Depressionen, Angst und Erschöpfung.
Rezepte gegen Aufschieberitis gibt es viele, am besten bewährt hat sich aber der bereits in der Einleitung erwähnte Ratschlag:
Beginnen Sie mit Aufgaben sofort und in kleinen Schritten. Unterteilt in viele kleine Zielerreichungen, reiht man so Erfolgserlebnis an Erfolgserlebnis. Sofort zu beginnen empfiehlt sich auf wegen des sogenannten
Zeigarnik-Effekt
Benannt nach der russischen Psychologin Bluma Zeigarnik besagt er, dass man sich an unterbrochene, unerledigte Aufgaben besser erinnert als an abgeschlossene, erledigte, quasi abgehakte Projekte. Aus gedächtnispsychologischer Sicht ist dieser Effekt überraschend, da er auch auftritt, wenn für unterbrochene Aufgaben weniger Zeit aufgebracht wurde als für die erledigten. Für den Zielerreichungsprozess erklärt der Zeigarnik-Effekt, weshalb es so wichtig ist, einen ersten Schritt zu setzen. Sobald eine Aufgabe einmal angefangen (im Gehirn quasi eingecheckt und verankert ist), arbeiten wir subbewusst an der Erledigung.